Ob Hörspiel, Musikaufnahme oder Reportage: Nur in wenigen Fällen werden Sie eine Aufnahme so auf das Band bekommen, dass hinterher nicht doch noch etwas verbessert werden müsste: meist stimmt die Reihenfolge der Aufnahmen nicht mit dem Drehbuch, der Partitur oder dem Reportageplan übererein. Hier musste wegen eines Versehens oder Missklangs, dort wegen einer allzu langen Denkpause oder eines Versprechers unterbrochen werden. Solche Fehler müssen entfernt werden, und zwar geht das ganz einfach, indem das Bandstück mit dem Fehler herausgeschnitten, wie Fachleute sagen, „gecuttet“ wird.
Voraussetzung dafür ist, dass Sie eine Klebegarnitur mit Klebeschiene, Klebeband und Schere, oder ein Cutterset, besitzen und eine Bandmaschine, miti dem auch dann abgehört werden kann, wenn das Band von Hand weitergedreht wird. Meist ist das möglich, wenn das Tonbandgerat mit der Schnellstopp- oder Pausentaste angehalten werden kann. Wenn Sie nun die Spulen vorsichtig hin und her drehen müssen im Lautsprecher knurrende oder polternde Geräusche zu hören sein. ist das der Fall, ist das Gerat im allgemeinen zum Cutter zu verwenden, außerdem müssen Sie, wenn die Tonkopfabdeckung abgehoben ist, mit einem Glasfaserstift oder einem Filzschreiber an den Tonkopf kommen können, um Zeichen auf dem Band anzubringen.
Wenn es bei Ihrem Gerat nicht möglich ist, das Band unmittelbar am Tonkopf zu markieren, machen Sie das Schnittzeichen (Hilfsmarke) an einer gut zuganglichen Stelle, etwa an einer Bandführung oder am Löschkopf, der aber nicht allzu weit vom Tonkopf entfernt sein darf. Den Abstand der Hilfsmarke vom Tonkopfspalt (in der Mitte der polierten Flache) übertragen Sie sinngemäß auf die Klebeschiene des Cutter- Sets. Zum Schneiden legen Sie nun das Band so in die Klebeschiene ein, dass die Hilfsmarke an der gekennzeichneten Stelle der Schiene zu liegen kommt. Geschnitten wird in der schragen Führungsnut, an der in jedem Fall diejenige Bandstelle erscheint, die vorher vor dem Tonkopf stand.
Der eigentliche Cutvorgang beginnt so: Mit normaler Bandgeschwindigkeit hören Sie sich den Bandabschnitt zwei- oder mehrmals an, in dem das fehlerhafte Aufzeichnungsstück beginnt. Dann halten Sie das Tonband mit der Schnellstopp- oder Pausentaste in einer Pause der Aufnahme an, etwa eine halbe Sekunde (5-10 cm) vor dem fehlerhaften Stück, und drehen, ohne allzu starken Zug, die beiden Spulen langsam weiter. Nun beginnt das Knurren und Poltern, das freilich nach einigen Hörübungen einigermaßen verständlich wird. Durch mehrfaches „Anstoßen“ des Wortanfangs rangieren Sie die gesuchte Bandstelle direkt vor den SpaIt des Hörkopfes, kreisen also die Schnittstelle regelrecht ein. Diese Hinweise gelten natürlich sinngemäß auch für das Cutter von Musikaufnahmen.
Jetzt liegt der Beginn der wegzuschneidenden Aufzeichnung genau am Tonkopfspalt. Die Schnellstopptaste bleibt dabei immer eingerastet! Am Tonkopfspalt oder der gewählten Ausweichstelle machen Sie einen senkrechten Strich auf das Tonband. Vor dem Zerschneiden suchen Sie, wie es eben beschrieben wurde, zunächst das Ende der fehlerhaften Stelle und machen auch hier ein Zeichen auf das Tonband. Das man zweckmäßigerweise gleich auch das Ende anzeichnet, wird Ihnen sofort einleuchten, wenn Sie ein n ganz kurzes Bandstück herausschneiden müssen, das sich nicht mehr mit den Fingern fassen lässt. Nun nehmen Sie das Tonband ganz vorsichtig aus den Führungen, schneiden es irgendwo zwischen den Markierungen provisorisch durch und legen die Bandenden so in die Klebeschiene, dass die beiden bezeichneten Stellen übereinander an der Führungslinie bzw. an der Ausweichmarkierung liegen. Achten Sie jetzt darauf, dass keines der beiden Bandenden verdreht wird, sonst müssen Sie nach dem Kleben die Klebestelle nochmals öffnen (Klebeband mit dem Fingernagel zurückschieben und sehr vorsichtig abziehen). Unaufmerksamkeit führt bei verdrehten Bändern zu merkwürdigen Erscheinungen. Ist erst einmal das verdrehte Stück durchgelaufen und plattgedrückt, ist die Wiedergabe auf einmal leise und ganz dumpf, weil die Trägerfolie anstelle der Magnetschicht am Kopf anliegt.
In der Führungsnut durchschneiden Sie die Bandenden mit einer Schneidefeder oder einer Rasierklinge. Nun entfernen Sie die abgeschnittenen Bandstücke und legen die Bandenden so in der Klebeschiene aneinander, dass weder ein SpaIt bleibt noch die Enden sich überlappen, rollen von der Klebebandrolle ungefähr 2 bis 3 cm Klebeband ab und schneiden es so ab, dass die Schnittkanten etwa im gleichen Winkel wie der Tonbandschnitt geneigt sind. Wenn Sie das Klebeband nach rückwärts abziehen, kräuselt es sich und kann nicht mehr verwendet werden. Mit der Klebeschicht nach unten drücken Sie das Klebeband so auf die Bandenden, dass die Mitte des Streifens über der Schnittstelle liegt und das Klebeband nicht über die Bandkanten hinaussteht, und sich austretende Klebemasse im Gerät absetzt. Damit auch bei nicht ganz genauem Aufbringen das Klebeband nicht übersteht, ist es etwas schmaler als das Tonband. Haben Sie anfangs Schwierigkeiten, das Klebeband richtig aufzubringen, kann es kurz in Spiritus getaucht werden, es haftet dann nicht sofort, sondern lässt sich noch etwas verschieben. Mit dem Fingernagel drücken Sie das Klebeband so fest, dass es überall fasst und alle Luftblasen herausgepresst sind. Das ist wichtig, denn an der geklebten Stelle wird das Tonband etwas steifer, und eingeschlossene Luft kann die Geschmeidigkeit einer Klebestelle so stark herabsetzen, dass das Band vom Tonkopf abhebt; das ist also ungefähr ein künstlicher Dropout. Da die Andruckrolle das Festdrücken des Klebebandes unterstützt, es gewissermaßen festbügelt, ist es möglich, dass sich eine Klebestelle beim zweiten Abhören besser anhört. Außer dem Klebeband enthält ein Cutterset meist auch rotes, grünes und weißes Vorlaufband, Schaltfolie für die Bandendabschaltung und Bandklammern. Das Weißband dient zur Trennung von Einzelaufnahmen, Rot- und Grünband zum Ersatz zerknitterter Vorlaufbänder und zum „Einfassen“ Ihrer Eigenproduktionen, Die Farbbänder können unmittelbar aus den Mulden abgezogen werden, ohne dass die Spule herausgenommen werden muss.
Wenn Sie viel Übung im Schneiden haben, können Sie auch ohne Anzeichnung das Band direkt vor dem Tonkopf mit der Cutschere schneiden. Sie sollten das an einem Abfallstück so lange üben, bis Sie immer genau den gleichen Schnittwinkel treffen, damit die Klebestellen sauber aussehen. Ganz geschickte Leute bringen es sogar fertig, die Bandenden in der freien Hand oder allenfalls auf einer glatten Fläche abgestützt zu kleben. Das sind aber ausgesprochene Profi-Tricks, die Sie sich nur als sehr ernsthafter Tonbandamateur aneignen sollten.
Das Abhören einer Schnittstelle wird für Sie ein merkwürdiges Erlebnis sein, es ist ein Gefühl, als habe man einen Zeitsprung gemacht. Allmählich werden Sie im Schneiden und Kleben Routine bekommen, so dass Ihnen die Arbeit schnell von der Hand geht. Versprecher, Räuspern, ja selbst leichte Knacke werden durch Cutten unhörbar. Es ist keine Übertreibung: Cutterinnen können einen einzigen überflüssigen Buchstaben aus einem Wort herausholen oder aus längeren Bruchstücken ganze Wörter zusammensetzen. Wenn Sie an Ihrem Tonbandgerät diese Kunst vielleicht auch nicht erlernen können, steht Ihnen mit dem Cutten doch ein Hilfsmittel zur Verfügung, mit dem Sie sich die Aufnahmearbeit erleichtern und Ihre Arbeiten mit geringem Aufwand verbessern können.
Als Aufnahmebandgeschwindigkeit für Bänder, die gecuttet werden sollen, ist unbedingt 19 cm/sec zu empfehlen, da bei 9,5 cm/sec die Pausen zum Suchen der genauen Schnittstellen einfach zu kurz sind. Die Rundfunkanstalten und professionellen Studios arbeiten auch aus diesem Grund mit der Bandgeschwindigkeit 38 cm/sec, die aber für den Amateur nicht rentabel ist. Halbspurtechnik ist zu bevorzugen, denn die Klebestellen können wegen der herabgesetzten Schmiegsamkeit wie ein drop-out wirken. Außerdem wird eine frühere Aufnahme auf einer anderen Spur beim Cutten sowieso zerschnitten, und in diesem Fall nutzt die Halbspurtechnik das Band eben besser aus. Mit Stereogeräten sollte man deshalb auch bei Monoaufnahmen auf beiden Spuren aufnehmen.
Wenn das „Mutterband“ gar zu viele Schnittstellen aufweist, wird es sich lohnen, die fertig geschnittene Aufnahme auf ein Band ohne Klebestellen (Tochterband) zu kopieren. Dabei können Sie mit der Bandgeschwindigkeit unbedenklich auch auf 9,5 cm/sec heruntergehen, wie das ja auch für den Austausch der Bänder richtig ist. Das frei gewordene Mutterband lasst sich entweder für unkritische Neuaufnahmen (Wort) oder zur Archivierung weniger wichtiger Aufnahmen verwenden. Sind die Schnittstellen weniger als etwa 2 m voneinander entfernt, sollten die kürzeren Stücke nicht wiederverwendet werden, es sei denn für ganz kurze Geräuschaufnahmen (Schüsse, Fensterscheibenklirren usw.)
Ein paar Tips aus der Praxis: wenn einem ihrer Darsteller bei der Hörspielaufnahme eine falsche Betonung, ein Versprecher oder ähnliches unterläuft, soll er nicht nur das fehlerhafte Wort, sondern den ganzen Satz, eventuell den gesamten Absatz, wiederholen. Es passiert nämlich leicht, dass beim hastigen Verbessern eines Versprechers die Stimme in eine andere Tonlage rutscht, besonders, wenn mehrmals angesetzt werden muss. Auf der fertigen Aufnahme ist dann ein störender, weil völlig unbegründeter Sprung in der Stimmlage zu hören. Um solche holprigen Stellen zu vermeiden, verwenden Sie auch die Nachaufnahme nicht von Anfang an, sondern erst von einer Textstelle ab, natürlich noch vor dem Versprecher, an der die normale Tonlage schon wieder erreicht ist. Außerdem erleichtert ihnen die Mehrarbeit des Sprechers die Cuttarbeit, denn vor einem Satzanfang ist meist eine längere Pause als zwischen zwei Wörtern eines Satzes. Je länger die Pause ist, umso einfacher können Sie schneiden. Machen Sie auch nicht den Fehler, bei einem gültigen Aufnahmestück am Ende eines Wortes zu schneiden, sondern lassen Sie stets die Pause bis zum nächsten Wart stehen; Sie schneiden dann am Beginn sowohl der fehlerhaften als auch der nachfolgenden richtigen Aufnahme. Fehlende Pausen sind genau so schlecht wie Unterbrechungen.
Ein Beispiel für die richtige Lage des Schnitts: „Er trat in den Laden ein, als die Glocke, äh, die Uhr…“ (Schnitt am Beginn des Wortes „als“, verwendet wird der vorhergehende Satzteil).
Nachaufnahme:
„Er trat in den Laden ein, als die Uhr gerade fünf schlug“. (Schnitt wieder am Beginn des Wortes „als“, verwendet wird der nachfolgende Satzteil).
Wenn ein Musikstück, beispielsweise ein Satz einer Sinfonie, nicht in einem Zug fehlerlos aufgenommen werden konnte, suchen Sie für den Schnitt eine Stelle aus, die einige Takte vor Beginn des Fehlers liegt, also entweder eine Pause oder einen markanten Einsatz. „Mitten in der Musik“ läßt sich sehr schlecht schneiden. Sie werden rasch feststellen, dass die einzelnen Töne einer durchgehenden Passage kaum voneinander zu unterscheiden sind, wenn das Band langsam bewegt wird. Daher lassen Sie, und das ist wichtig, das Orchester wiederum einige Takte vor der geplanten Schnittstelle einsetzen. Einmal klingt nämlich, wie bei Sprachaufnahmen, ein Einsatz meist anders, und, was besonders bei Orgelaufnahmen sofort auffallen wird, der Nachhall halt meist länger an, als eine kurze Pause dauert.
Beginnt die Nachaufnahme unmittelbar an der Schnittstelle, reißt der Nachhall des vorhergehenden Aufnahmeteils abrupt ab, weil er ja eigentlich noch unter dem Neubeginn zu hören sein müsste. Das ist unschön und stört sehr. Lassen Sie sich, gerade für Musikschnitte, viel Zeit zum Cutten. Ein schlechter Schnitt kann manchmal nicht mehr repariert werden, besonders, wenn zu viel abgeschnitten wurde. Am besten hängen Sie längere Bandstücke solange um den HaIs oder bewahren sie sonst geordnet auf, bis die Schnittstelle kontrolliert ist. Wenn je etwas schief gegangen sein sollte, brauchen Sie zumindest nicht nach dem gesuchten Stück zu wühlen.
Wollen Sie eine Aufnahme aus vielen kurzen (maximal zwei bis drei Meter langen) Stücken zusammensetzen, so können Sie sich die Arbeit erleichtern, indem Sie Wäscheklammern auf einem Sperrholzbrettchen nebeneinander befestigen und die Anfänge der einzelnen Bandstücke mit den Klammern festhalten. Diese Hilfe erleichtert ihnen auch die Einordnung. Die Bandenden lassen Sie nicht frei auf dem Boden liegen, wo sie verstauben könnten und außerdem durch unbeabsichtigtes drauftreten gefährdet sind, sondern sammeln die Schlangen in einem geräumigen offenen Karton. Wenn bei diesen kurzen Stücken Anfang und Ende verwechselt werden, hören Sie die Gegenspur oder, bei zweispurigen Aufnahmen, den Bandinhalt rückwärts. Für das Zusammensetzen Iängerer Stücke kaufen Sie am besten kleine Leerspulen mit einem Durchmesser von 8 cm und beschriften sie mit selbstklebenden Etiketten.